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Was ist ein semantischer Raum?

Der semantische Raum ist eines der zentralen Tools zur Entwicklung strategischer Narrative von WAALD. Doch was macht einen semantischen Raum aus? Wofür braucht es ihn und was hat man davon? Und nicht zuletzt: was ist die Theorie hinter semantischen Räumen?

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Semantische Räume – für Komplexität und tiefe Insights

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Ein semantischer Raum ist ein leistungsfähiges Tool, das dazu dient, komplexe Informationen zu strukturieren. Semantische Räume im Einsatz für Strategie-Entwicklung und „Meaning Management“ sind eine Eigenentwicklung von WAALD und liefern einen ganzheitlichen High-Level-Überblick auf Themen, Organisationen oder Marken. Sie ermöglichen eine umfassende Übersicht, ohne dabei die wertvolle Komplexität der zugrunde liegenden Informationen zu reduzieren. Ein semantischer Raum fungiert als ein hochauflösender "Kartenblick" auf ein Gebiet des Wissens.

Datenbasis semantischer Räume: Semantische Räume erstellen wir auf Basis qualitativer Interviews: „Storylistenings“. Dabei greifen wir auf anekdotisches Wissen zurück, das wir in Organisation und Öffentlichkeit erheben.

Mapping der Ergebnisse im semantischen Raum: Verdichtet werden Ergebnisse der Interviews und weiterer Erhebungen im semantischen Raum verortet. Hier unterscheiden wir charakterisierende Semantiken, Gegenkräfte (Forces of Antagonism) und Causes.

Markieren von Spannungsfeldern und narrativen Potenzialen: Ein semantischer Raum hilft dabei, Spannungsfelder und narrative Potenziale innerhalb der Daten zu identifizieren. Dies ist besonders wertvoll, um strategische Narrative zu entwickeln oder andere strategische Herausforderungen zu identifizieren und anzugehen.

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Strategie-Team
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Semantische Räume – die Theorie dahinter

Das Konzept der semantischen Räumen stammt aus der Erzähltheorie Juri Lotmans. Lotman, ein russischer Literaturwissenschaftler und Semiotiker, entwickelte in seiner Publikation „Die Struktur literarischer Texte“ (1972) eine „strukturale Erzähltheorie“. Wichtigste Unterschied zu anderen Erzähltheorien: es geht weniger um die zeitliche, sondern mehr um die räumliche Organisation erzählender Texte.
Er argumentiert, dass Räume seit jeher als Mittel zur Modellbildung und mithin zur Deutung der Wirklichkeit, verwendet worden seien. So zum Beispiel für die Beschreibung von politischen Einstellungen (links/rechts) (vgl. Lotman 1972, S. 313) und deshalb auch für die Analyse von konstruierten Wirklichkeiten verwendbar ist.
Bestimmte Elemente des Textes werden entsprechend ihrer Bedeutung in semantischen Räumen betrachtet. Die Tiefenstruktur des Texts gibt Aufschluss über mögliche Teilräume. Beispielsweise könnten in einem Text die Räume „Stadt“ und „Land“ Teilräume darstellen. Diese topografischen Räume werden häufig semantisiert, es wird den Räumen also eine bestimmte Bedeutung zugeordnet. Konnotiert werden könnte mit dem Begriff „Stadt“ beispielsweise „Fortschritt“, „Unehrlichkeit“, „Schmutz“, mit dem Begriff „Land“ hingegen „Rückständigkeit“, „Ehrlichkeit“ und „Natürlichkeit“. Damit haben beide Räume ihre eigene Semantik, ihre eigene Ordnung (Diegese). Das Konzept der semantischen Räume bleibt jedoch nicht bei der Idee stehen, topografische Räume zu semantisieren, also die Bedeutung von realen Räumen zu analysieren und sie in ein semantisches Feld zu überführen. Ebenso sind geistige Zustände, Einstellungen oder Sichtweisen, aber auch soziale Unterschiede als semantische Räume zu betrachten. So kann beispielsweise das hohe Alter mit all den einhergehenden Umständen als semantischer Raum interpretiert und dargestellt werden, das sich natürlich wiederum in einem topografischen Raum manifestieren kann. Die universelle Ordnung der dargestellten Welten bezeichnet Lotman als Diegese. Diese umfasst die Gesetze und Regeln, nach denen die semantischen Räume funktionieren. Diese Räume wiederum lassen sich in streng voneinander getrennte, disjunktive Teilräume unterteilen. „Ihre wichtigste Eigenschaft ist ihre Unüberschreitbarkeit. Die Art, wie ein Text durch eine solche Grenze aufgeteilt wird, ist eines seiner wesentlichen Charakteristika. Ob es sich dabei um eine Aufteilung in Freunde und Feinde, Lebende und Tote, Arme und Reiche oder andere handelt, ist an sich gleich. Wichtig ist etwas anderes: die Grenze, die den Raum teilt, muß unüberwindlich sein und die innere Struktur der beiden Teile verschieden. So gliedert sich z. B. der Raum des Zaubermärchens deutlich in ‚Haus‘ und ‚Wald‘“ (Lotman 1972, S. 327).
Ein Text wird erst dann zum Träger einer Geschichte, wenn eine narrative Struktur vorhanden ist. Für Lotman existiert in einem Text eine narrative Struktur, sobald der Text mindestens ein Ereignis mitteilt. „Die Versetzung einer Figur über die Grenze eines semantischen Feldes“ kommt einem solchen Ereignis gleich (Lotman 1972, S. 332). Unwesentlich ist dabei, ob die Figur die Grenzüberschreitung willentlich oder unwillentlich, bewusst oder unbewusst vollzieht. Wesentlich ist vielmehr, dass eine Grenzüberschreitung stattfindet. Ein einfaches Beispiel für eine Grenzüberschreitung ist der Bauer, der vom Land in die Stadt kommt. „Stadt“ und „Land“ sind zum einen natürlich topografisch voneinander getrennte Räume, zum anderen gelten in beiden Räume unterschiedliche Gesetze. Der Bauer verlässt seine Weltordnung und betritt eine neue – mit völlig anderen Gesetzmäßigkeiten.

Was heißt das für die Entwicklung strategischer Narrative?
Die von Lotman angelegten semantischen Räume eignen sich hervorragend, um Erzählungen rund um Organisationen, Marken und Themen zu analysieren. Besonders hilfreich: das Aufspüren von Spannungen, (möglichen) Grenzüberschreitungen und (möglichen) Transformationen, da sie konstituierende Elemente von kraftvollen Erzählungen darstellen.

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